18.10.2007rss_feed

Bericht über die Mitgliederversammlung 2007 der ADT
am 15. Oktober 2007 in Brüssel

Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tierzüchter (ADT) diskutiert über Tierschutzforschung, Blauzungenkrankheit und die Kontrolle von Salmonellen - ADT-Präsidium wiedergewählt

Das Forschungsprojekt Welfare Quality® für artgerechte Tierhaltung, die Blauzungenkrankheit und die Strategie der EU bei der Salmonellenbekämpfung standen im Mittelpunkt der diesjährigen Mitgliederversammlung der ADT am vergangenen Montag in Brüssel. ADT-Präsident Reimer BÖGE konnte in der Landesvertretung von Baden-Württemberg neben den 13 Mitgliedsorganisationen zahlreiche Gäste von der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament, den Vertretungen des Bundes und der Länder sowie von befreundeten Verbänden begrüßen.

 

Im internen Teil der Sitzung wurde das Präsidium einstimmig wiedergewählt. Präsident Böge, der auch für Schleswig-Holstein Europaabgeordneter ist, wird die ADT somit bis zum Jahr 2010 führen. Vizepräsident bleibt Helmut EHLEN, der Vorsitzende des Zentralverbands der Deutschen Schweineproduktion (ZDS). Weitere Präsidiumsmitglieder sind Leo SIEBERS, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rinderzüchter (ADR), Horst ENSE, Vorsitzender des Bereichs Zucht in der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) und Gerhard WAGNER, der Präsident des Zentralverbandes der deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG).

 

ADT-Geschäftsführer Dr. Hans-Peter Schons berichtete über vergangene und künftige Schwerpunkte der Arbeit des Verbandes. Im Mittelpunkt stehen die Themenbereiche Tiergesundheit und Tierschutz. Hier wird sich der Verband in den nächsten Jahren insbesondere mit der Tiergesundheitsstrategie 2007-2013 und mit der Umsetzung des Aktionsplans Tierschutz der EU-Kommission auseinander setzen. Schons hob hervor, dass die Zusammenarbeit und Abstimmung mit anderen EU-Ländern insbesondere mit Blick auf grundsätzliche politische Weichenstellungen immer wichtiger wird. Daher kommt der Mitarbeit der ADT bei den EU-Ausschüssen der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA), insbesondere durch den Vorsitz in der Arbeitgruppe Zuchtvieh, sowie in der Europäischen Vereinigung für Tiergesundheit und gesundheitliche Sicherheit (FESASS) eine besondere Bedeutung zu.

 

Zum anschließenden Vortragsteil wurden erstmals Gäste eingeladen. Die zahlreichen Zusagen zeigten, dass die Themen gut gewählt waren. Der erste Vortag befasste sich mit der Tierschutzforschung. Frau Dr. Bettina Bock von der Universität Wageningen stellte den Aufbau und die Ziele des Projekts Welfare Quality® vor. Der Ansatz besteht darin, Qualitätsunterschiede in der Tierhaltung deutlich zu machen, die dann als Entscheidungsgrundlage für die Verbraucher dienen können. Ein Teil des Projekts befasst sich mit praktikablen Strategien z. B. zur Verbesserung des Managements und der Ställe, der andere mit Produktinformationen, welche auf einer Bewertung des Wohlbefindens beruhen. Für diese Bewertung werden Tierschutzindikatoren herangezogen. Nach einem ausgeklügelten Schema werden je nach Tierart verschiedene Merkmale erfasst, die bis zu 12 Kriterien abdecken, welche wiederum in vier Gruppen eingeteilt sind (Gute Fütterung, Gute Ställe, Gute Gesundheit und Artgerechtes Verhalten). Die einzelnen Bewertungen werden dann in einem Profil für den Betrieb zusammengefasst, das den Tierschutzstandard des Betriebs wiedergeben soll. In der von Frau Bock geleiteten Befragung von Landwirten in mehreren EU-Staaten wurde deutlich, dass es auch innerhalb des Sektors verschiedene Herangehensweisen an den Begriff Wohlbefinden gibt. Die eine Gruppe stellt Gesundheit und Produktivität der Tiere in den Vordergrund, während die andere natürliches Verhalten und ethische Fragen im Mittelpunkt sieht. Ein wichtiges Ergebnis der Forschungen könnte sein, dass die EU-Gesetzgebung zum Tierschutz künftig mehr auf die Festlegung von Zielgrößen abstellt, die mit Hilfe der zu entwickelnden Tierschutzindikatoren definiert werden. Das könnte z. B. bedeuten, dass nicht mehr die Größe von Stallbuchten festgeschrieben wird, sondern ein oder mehrere Tierschutzindikatoren. Der Landwirt könnte dann selber über die Größe des Stalls entscheiden, solange er anhand der Indikatoren nachweisen kann, dass es den Tieren gut geht.

Herr Dr. Cornelius Rhein von der EU-Kommission skizzierte die großen Erwartungen der Brüsseler Behörde an das von ihr finanzierte Projekt. Die Ergebnisse könnten zum einen die Grundlage für eine Kennzeichnungsregelung liefern, zum Anderen aber auch als Ansatz für die Erhöhung von Mindestnormen dienen. Er betonte den ergebnisoffenen Charakter der Diskussion. Man müsse zuerst Tierschutz-Indikatoren auf einer soliden wissenschaftlichen Basis entwickeln, dann werde man sehen, was auf dieser Grundlage umgesetzt werden könne. Mit Blick auf die im Aktionsplan Tierschutz angekündigte Schaffung eines Zentrums für Tierschutz stellte Dr. Rhein klar, dass nicht an eine neue Agentur gedacht sei, sondern eher an eine Koordinierungsstelle, die an eine bestehende Institution angebunden sei.

 

Die jüngsten Änderungen an der EU-Gesetzgebung zur Bekämpfung der Blauzungenkrankheit erläuterte Dr. Alf-Eckbert Füssel von der Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz (Sanco) der EU-Kommission. Die neue Verordnung folge dem Grundsatz, dass Verbringungen von Tieren innerhalb der Restriktionsgebiete frei sind und aus der Zone nur Tiere hinaus dürften, die nicht (mehr) virämisch sind. Das sind gesunde Tiere, die nicht mit dem Virus in Kontakt gekommen sind, aber auch solche, die durch eine überstandene Infektion oder eine Impfung immunisiert wurden. Wegen der praktischen Schwierigkeiten beim Schutz der Tiere vor den Vektoren ist die Impfung als effizientes Mittel zur Kontrolle der Blauzungenkrankheit stärker in den Vordergrund gerückt worden. Füssel betonte, dass die Kommission bereits ein beschleunigtes Zulassungsverfahren für die neuen Impfstoffe gegen Serotyp 8 beschlossen habe, damit mögliche Impfkampagnen nicht verzögert werden. Die Vertreter der ADT-Mitgliedsorganisationen wiesen mit Nachdruck darauf hin, dass sich die Politiker, die Forschung, die Behörden und die Landwirte gemeinsam für die rechtzeitige Verfügbarkeit eines Impfstoffs einsetzen müssten. Sie begrüßten mit Blick auf den Handel mit Tieren insbesondere den Wegfall der Zustimmungspflicht und die Aufnahme neuer Testmethoden, die z. B. die Verbringung seropositiver Tiere möglich machen wird. Sie zeigten aber auch auf, dass bezüglich einiger technischer Fragen noch Handlungsbedarf besteht.

 

Dr. Kris de Smet von der DG Sanco informierte die Vertreter der Zuchtorganisationen über die Strategien der EU bei der Kontrolle von Salmonellen in Geflügel- und Schweinebeständen. Der Ansatz geht auf die Verordnung zur Bekämpfung von Salmonellen aus dem Jahr 2003 zurück. Demnach werden in einem ersten Schritt Ziele für die Senkung der Prävalenz bestimmter Zoonosen in Tierpopulationen festgelegt. Darauf bauen die nationalen Bekämpfungsprogramme auf, die von der Kommission genehmigt werden müssen. Überdies werden spezifische Vorschriften für bestimmte Bekämpfungsmethoden zur Senkung der Prävalenz von Zoonosen und Zoonoseerregern sowie Bestimmungen zum innergemeinschaftlichen Handel und die Einfuhr aus Drittländern erlassen. Mit Blick auf die angekündigten Programme für Schweine räumte er ein, dass die Situation hier völlig anders sei als im Geflügelsektor. Vor der Festlegung der Ziele für die Senkung der Prävalenz werde eine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt, so Dr. de Smet. Dabei sei der Nutzen weitaus schwieriger zu erfassen als die Kosten. Er betonte zudem den Wunsch der Kommission, mit der Wirtschaft zusammenzuarbeiten. Ähnlich wie bei Legehennen und Masthähnchen könnten auch für die Schweineproduktion unter Beteiligung von Wirtschaftsverbänden Leitlinien der guten Hygienepraxis erstellt werden. Vertreter der ADT wiesen in der Diskussion darauf hin, dass es keine Garantie für Salmonellenfreiheit gebe und keine falschen Erwartungen geweckt werden dürften. Alle Beteiligten der Lebensmittelkette müssten in die Vorsorgepflicht einbezogen werden, da es viele Eintragsquellen gebe und die Ursachforschung schwierig und aufwändig sei. Oftmals würden im Fleisch andere Salmonellen nachgewiesen als bei den Tieren. Zudem müssten regionale Unterschiede im Vorkommen von Salmonellen bzw. Antikörpern berücksichtigt werden.

 

Beim anschließenden Parlamentarischen Abend konnte ADT-Präsident Böge unter anderem den Vorsitzenden der EVP/ED-Fraktion (und ehemaligen Vorsitzenden des Landwirtschaftsausschusses) Joseph Daul aus Frankreich, die deutschen EU-Parlamentarier Heinz Kindermann und Albert Deß, den Präsidenten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Friedrich Scholten, den Präsidenten der Europäischen Vereinigung für Tiergesundheit und gesundheitliche Sicherheit (FESASS), Bernard Terrand, sowie viele Vertreter der EU-Kommission, der Vertretungen des Bundes und der Länder und anderer Verbände aus dem Agrarbereich als Gäste begrüßen.

 

Quelle: ADT