11.06.2008rss_feed

Mit dem Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes soll die rechtliche Grundlage zur Einführung eines obligatorischen Prüf- und Zulassungsverfahrens für Stalleinrichtungen zum Halten von Nutztieren (Tierschutz-TÜV) geschaffen werden.

Hierzu fand am 4. Juni 2008 eine Anhörung des Bundestagsausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Berlin statt. Mit Verwunderung hat der Zentralverband der Deutschen Schweineproduktion e.V. (ZDS) hierbei die Stellungnahme aus dem Agrarministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern zur Kenntnis genommen. Danach wird die Gesetzesänderung von der Mehrheit der Bundesländer befürwortet, weil ein Prüf- und Zulassungsverfahren bei Stalleinrichtungen zur Klarheit bei der Gesetzesinterpretation beitrage.

Aus Sicht der betroffenen Wirtschaft stellt sich die Situation gravierend anders dar, so Dr. Jens Ingwersen, Geschäftsführer des Zentralverbandes der Deutschen Schweineproduktion e.V. (ZDS).

Er verweist auf zahlreiche gravierende Mängel, wobei insbesondere ein erheblicher Bürokratieaufwand und eine gravierende Kostenbelastung für die Schweinehalter erwartet wird - ohne einen angemessenen Nutzen erkennen zu können. Nach Auffassung des Zentralverbandes soll eine Pflichtprüfung eingeführt werden,

  • ohne zuvor die vorhandene Option des Tierschutzgesetzes (§ 13 a) für ein freiwilliges Prüfverfahren genutzt zu haben,
  • ohne zu wissen welche Prüfkriterien angewendet werden sollen,
  • ohne über Erfahrungen zur Entwicklung belastbarer Prüfkriterien und hinsichtlich der Eignung des Prüf- und Zulassungsverfahrens für verschiedene Tierarten zu verfügen,
  • ohne den eklatanten Widerspruch zu den Zielen der Entbürokratisierung und der 1 : 1 - Umsetzung von EU-Recht aufzulösen,
  • ohne eine nachhaltige Folgenabschätzung für die Anwendung bei verschiedenen Nutztierarten und Tierkategorien vorgenommen zu haben und zwar u.a. hinsichtlich
    • Prüfbedarf (für die Fülle serienmäßig hergestellter Stalleinrichtungen verschiedenster Hersteller),
    • Bürokratieaufwand (für Antrag, Prüfung, Zulassung, Gebührenabrechnung, Schiedsverfahren, usw., usw.),
    • Kostenbelastung der Hersteller und letztlich der Tierhalter durch das Prüf- und Zulassungsverfahren,
    • Auswirkungen auf den Wettbewerb und die Innovationsleistung der sehr unterschiedlich großen Hersteller,
    • Ungleichbehandlung deutscher Schweinehalter im europäischen Wettbewerb,
    • Konsequenzen einer ausschließlich auf den Tierschutz ausgerichteten Zulassung u. a. für die Umwelt, den Arbeitsschutz, die Lebensmittelsicherheit.

Aus Sicht des ZDS werden mit dem Tierschutz-TÜV kaum erfüllbare Erwartungen geweckt, u.a. hinsichtlich

- eines verbesserten Tierschutzes,
- eines Bestandsschutzes für die Tierhalter und
- einer Kontrollentlastung der Behörden geweckt,

  • ohne über geeignete, wissenschaftlich abgesicherte, justiziable Prüfkriterien und -parameter zu verfügen,
  • ohne die Komplexität der Thematik sowie die Fülle verschiedenster Einflussfaktoren für den Tierschutz und deren gegenseitige Abhängigkeit erfasst und berücksichtigt zu haben,
  • ohne geklärt zu haben, welche Stalleinrichtungen bzw. welche Einrichtungselement - in welcher Form - einer objektiven, wiederholbaren Prüfung unterzogen werden können,
  • ohne geklärt zu haben, was (wie?) geprüft werden soll (Materialeignung? Funktionalität? Tiergesundheit? Wohlbefinden der Tiere? Verletzungsrisiken? Tierverhalten? usw.).

Angesichts der skizzierten Fülle schwerwiegender Fragen und sich abzeichnender Probleme ist die gemeinsame Initiative von Bundesländern und Bundesregierung nicht nachvollziehbar, für alle Nutztiere ein obligatorisches Prüf- und Zulassungsverfahren einzuführen. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass die Bedingungen der Legehennenhaltung (mit sehr wenigen, weitgehend standardisierten Haltungssystemen) nicht auf die Schweinehaltung (mit einer Vielzahl unterschiedlichster Einrichtungselemente) übertragbar ist.

Quelle: ZDS