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Zukunft der Ernährung: Steigende Weltbevölkerung verlangt leistungsfähige, nachhaltige Landwirtschaft und Tierernährung

  • Jahrestagung der Hersteller von Tiernahrung mit großer Resonanz
  • Branche wichtiger Bestandteil der tierischen Lebensmittelwirtschaft
  • Aktuelle Diskussion über Tierhaltung: alle Akteuren sind gefragt

Zukünftige Entwicklungen im Bereich der Gesellschaft und damit verbundene Veränderungen der Lebensstile und der Ernährung waren das Hauptthema der diesjährigen Jahrestagung des Deutschen Verbands Tiernahrung e. V. (DVT) in Berlin, die mit mehr als 330 Teilnehmern einen Rekordbesuch zu verzeichnen hatte. In seiner Eröffnungsrede machte DVT-Präsident Jan Lahde deutlich: Wir brauchen ein klares Bekenntnis zu einer leistungsfähigen und nachhaltigen modernen Landwirtschaft.


Die Tierernährung sieht er als wichtigen Bestandteil der Wertschöpfungskette zur Produktion von tierischen Lebensmitteln. Die Hersteller sehen zahlreiche Möglichkeiten, ihr Fachwissen, ihre Kompetenz und Verantwortung für entsprechend qualitativ hochwertige Endprodukte einzubringen und dies gemäß externer Anforderungen zu verstärken. Hersteller von Tiernahrung können einen extrem wichtigen Beitrag für eine ressourcenoptimierte, nachhaltige Tierernährung leisten, so Lahde. Die 23,39 Millionen Tonnen gewerbliches Mischfutter im Wirtschaftsjahr 2015/2016 wären laut DVT-Präsident nicht ohne den hohen Export der deutschen Ernährungswirtschaft und ohne den hohen Import von Rohstoffen zu erzielen gewesen.

Lahde betonte, dass die Veränderungen des Ernährungsverhaltens und die differenzierten Verbraucherbedürfnisse von der Futtermittelwirtschaft entsprechende Fütterungslösungen verlangten. Dieser Aufgabe würde sich die Branche stellen. Er verwies zugleich auf den Nachfragesog durch die steigende Weltbevölkerung und den Wohlstand in Asien und Lateinamerika: Der Konsum steigt weltweit und wird die deutsche Entwicklung damit deutlich beeinflussen. Entweder wir machen mit oder wir verabschieden uns vom Weltmarkt. Dirigistische Maßnahmen und gesetzliche Vorgaben zur Nutzung heimischer Rohstoffe lehnte er ab. Die Tierernährung ordne sich als wichtiger Teil der Wertschöpfungskette in der tierischen Veredlung in das Wirtschaftsgeflecht ein und berücksichtige einerseits die Forderungen der Kunden und Verbraucher und anderseits die Lieferanten, die Rohstoffe liefern. Lahde: Es muss das Ziel sein, die hohe Qualität unserer Rohstoffe zu erhalten, zu sichern und zugleich die Umwelt zu schützen. Wir dürfenuns aber nicht von den weltweiten Standards abkoppeln. Qualitätsmanagement stehe auf der Agenda weiterhin ganz oben.

Zu einer nachhaltigen, ressourcenschonenden Landwirtschaft, die den Anforderungen der Umwelt und der Verbraucher gerecht wird, die sozialen Aspekte berücksichtigt und zugleich wirtschaftlich ist, gehört auch die Nachhaltigkeit beim Einsatz von fertigen Mischfuttermitteln. Die Hersteller von Tiernahrung könnten Lösungen für die sogenannten Hoftorbilanzen bei Nährstoffen liefern. Der DVT-Präsident kündigte an, dass die Futtermittelwirtschaft in Zukunft eine noch stärkere Rolle in der Kreislaufwirtschaft der Lebensmittelproduktion spielen werde.

Prof. Dr. Gunther Hirschfelder von der Uni Regensburg und Mitglied des Nestlé Zukunftsforums setzte in seinem Vortrag Die Zukunft der Ernährung vorausgedacht neue Impulse. Er zeigte Trends und ihren Einfluss auf die gesamte Agrar- und Ernährungsbranche auf und erinnerte an die lange und historische Bedeutung der Tierernährung für die Lebensmittelerzeugung. Die Herausforderungen in heutigen Zeiten bestehen einerseits darin, dass die Gesellschaft sich nicht in einer Qualitäts-, sondern in einer Vertrauenskrise befinde. Andererseits seien die Konsumenten quasi gefangen in dem Konflikt vom Wissen über Ernährung und dem Genuss von Essen.

Verschiedene Sichtweisen und Aspekte zum Thema vermittelten Bernhard Kühnle (Abteilungsleiter im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft), Werner Schwarz (Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes) und Dr. Clemens Dirscherl (Geschäftsführer des Evangelischen Bauernwerks Württemberg und Beauftragter für agrarsoziale Fragen in der Evangelischen Kirche in Deutschland). Die Diskussion war maßgeblich durch die aktuelle Diskussion um die Tierhaltung in Deutschland geprägt. Kühnle verteidigte das von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt angekündigte staatliche Tierwohl-Label. DBV-Vizepräsident Schwarz sieht das Vorhaben kritisch. Ein staatliches Siegel dürfe nicht zu Lasten der privatwirtschaftlichen Initiative Tierwohl gehen. Diese sei gegründet worden, um Zusatzauflagen seitens des Gesetzgebers zu vermeiden. Sie dürfe nicht durch staatliche Auflagen verdrängt werden.

Prof. Hirschfelder und Dr. Dirscherl betonten die Notwendigkeit, die Wertschätzung für Lebensmittel zu erhöhen. Sie sprachen vom so genannten Bauern-Bashing, einer heftigen die Bauern herabsetzenden Kritik, der sich die Branche kontinuierlich mit guten Argumenten und Transparenz entgegen stellen müsste.

Mit Blick auf die Medienberichterstattung über vermeintliche Tierschutzverstöße sagt Schwarz voraus, dass die Umwelt- und Tierwohlstandards in Zukunft weiter steigen würden. Der resultierende zunehmende Dokumentationsaufwand würde eine fortschreitende Professionalisierung der Betriebe und ein anhaltender Strukturwandel sein. Der letzte Hauch von Agrarromantik würde dann aus der Landwirtschaft verschwinden. Von den übrigen Akteuren der Wertschöpfungskette bis hin zur Politik forderte Schwarz Unterstützung bei der Kommunikation über die Notwendigkeit der Strukturveränderungen ein.

Mit einem provokanten Zwischenruf stellte Klaus Alfs (freier Autor, Lektor und Blogger) die allgemeine öffentliche Diskussion über Tierhaltung in ein kritisches Licht. Nils Thun vom Sprecherteam der Jungen ISN (Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands e. V.) erläuterte seinen Optimismus für die Zukunft und empfahl, dem gesellschaftlichen Umfeld immer wieder die moderne Landwirtschaft zu erklären und ein Bekenntnis abzulegen.

In der teilweise kontroversen Diskussion wurde deutlich, dass trotz eines derzeit schwierigen Umfelds, vor allem auf emotionaler Ebene, zahlreiche Chancen für eine hochwertige Produktion tierischer Lebensmittel in Deutschland bestehen. Einig waren sich die Experten, dass eine moderne, leistungsfähige und damit auch erfolgreiche Tierhaltung nur von allen Beteiligten gemeinsam vertreten werden kann.


Über den DVT
Der Deutsche Verband Tiernahrung e. V. (DVT) vertritt als unabhängiger Wirtschaftsver-band die Interessen der Unternehmen, die Futtermittel, Vormischungen und Zusatzstoffe für Nutz- und Heimtiere herstellen, lagern und damit handeln.

Quelle: DVT