31.01.2011rss_feed

Neue Tierseuchen befürchtet

Tierhalter können die Seuchenprävention nicht allein leisten, auch die entsprechenden Rahmenbedingungen müssen vorhanden sein. Darin waren sich die Teilnehmer beim Tiergesundheitsforum des Deutschen Bauernverbandes (DBV) im Rahmen der Grünen Woche in Berlin einig. Für einen tierseuchenfreien Raum müsse der Schutz der Außengrenzen beispielsweise erweitert werden, betonte der Bereichsleiter Tierschutz und Tierzucht bei der Generaldirektion Gesundheit der EU-Kommission, Dr. Alfred-Eckbert F ü s s e l . Auch seien gut funktionierende und gut ausgestattete Veterinärdienste für die reibungslose Überwachung nötig. Im Zuge der europäischen Tiergesundheitsstrategie solle der Prävention und Überwachung mehr Bedeutung zugemessen werden. Neben allgemeinen Hygienekonzepten in der Tierhaltung zählt Füssel dazu auch das Datenbanksystem zur Erfassung des Tierverkehrs (TRACES) und das elektronische Identifizierungssystem (EID) für Heim- und Nutztiere. Das geplante EU-Tiergesundheitsgesetz befinde sich zurzeit imKonsultationsverfahren, an dem zahlreiche Experten und Branchenvertreter teilnähmen. Der Gesetzesvorschlag soll im Herbst 2012 abgegeben werden. Der Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holsteins, Werner S c h w a r z , begrüßte die neue EU-Vorsorgestrategie, gab aber auch zu bedenken, dass der Aufwand für die Vorsorgemaßnahmen nicht ausufern dürfe. Sonst würden die vorbeugenden Maßnahmen teurer als die akuten Behandlungen. Schwarz sprach sich außerdem für eine Harmonisierung der europäischen Regelungen zu Tierimpfungen aus. Auch in Deutschland sollten Tierhalter ihre Tiere beispielsweise selber gegen die Blauzungenkrankheit impfen können wie bereits heute in Österreich, Frankreich und Dänemark. Im Seuchenfall forderte Schwarz die Abkehr von Tötungsanordnungen. Für diese Situationen gebe es Notimpfungen. Eine stetig in sich stimmige Politik für die Gesetzgebung zur
Tiergesundheit mahnte Dr. Hans-Peter S c h o n s von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tierzüchter (ADT) an. Zwischen
dem derzeit diskutierten EU-Tierschutzgesetz und der Tiergesundheitsstrategie würden bereits jetzt Zielkonflikte sichtbar. Die Landwirtschaft fordere in diesem Zusammenhang zu Recht praktikable Vorgaben, die sich nicht gegenseitig widersprächen.

Mit der starken Fokussierung auf die Vorsorge in der europäischen Tiergesundheitsstrategie solle die finanzielle Ausgestaltung der Entschädigung nicht eingeschränkt werden, betonte Füssel. Beim bestehenden Rechtsrahmen für Entschädigungsregelungen seien keine Veränderungen geplant. Werden geforderte Vorsorgemaßnahmen nicht eingehalten, kommt es laut dem Kommissionsvertreter bereits heute zu Abzügen. Da die Mitgliedstaaten die Zahlungen kofinanzierten, achteten sie selbst darauf, dass die Forderungen nicht zu hoch und ungerechtfertigt seien. In diesem Zusammenhang sprach sich Dr. Hans-Joachim B ä t z a vom Bundeslandwirtschaftsministerium für eine Harmonisierung innerhalb der EU aus. In einigen Ländern werde die Entschädigung bisher komplett mit öffentlichen Mitteln bezahlt, in anderen müsse die Wirtschaft die Kosten allein tragen. Nach seinem Vorschlag soll der Sektor innerhalb der EU zu einem festen Prozentsatz, den es noch festzulegen gelte, an den Entschädigungszahlen beteiligt sein. Bätza betonte, die Tiergesundheitssituation in Deutschland sei noch nie so gut gewesen wie heute. Dies sei aber kein Grund, sich darauf auszuruhen, denn neben alten wiederkehrenden Tierseuchen wie der Maul- und Klauenseuche (MKS) in Bulgarien stünden neue Risiken wie das West-Nil-Virus (WNV) vor der Tür. Bei den neuen Tierseuchen handele es sich meist um Erkrankungen, die von Stechmücken- und Zeckenarten übertragen würden und auch den Menschen befielen. Das erschwere die Bekämpfung. Im Zuge der klimatischen Veränderungen werde die Verbreitung zusätzlich begünstigt. Aufgrund der globalen Warenströme und zahlreichen Einschleppungsmöglichkeiten sprach sich Bätza für die weltweite Beobachtung der Tiergesundheitssituation aus. Eine Einschleppung von Krankheiten nach Deutschland als großes Einfuhr- und Transitland sei jederzeit möglich. Aus Sicht der Schweinhalter bereite speziell die Afrikanische Schweinepest Sorgen, erklärte der Vorsitzende des Kreislandvolkverbandes Vechta, Norbert M e y e r , da es gegenwärtig keine Impfmöglichkeit gebe. Aufgrund der hohen Wildschweinpopulationen in Deutschland sei aber auch weiterhin die klassische Schweinepest von Bedeutung. Die Verschleppung von Tierseuchen durch die Saisonarbeitskräfte sei ebenfalls nicht zu unterschätzen. Hier hob Meyer vor allem auf die Erdbeerpflücker aus Südosteuropa im Raum Vechta ab, in deren Heimatländern es MKS-Fälle gebe. Der Praktiker warnte außerdem davor, sich durch die bestehenden Dokumentationspflichten in falscher Sicherheit zu wiegen. Wirkungsvoller als Lieferscheine abzuheften, findet er verplombte Futterproben, die bei Bedarf auf Rückstände untersucht werden könnten. Stallbauberater Wilfried B r e d e sprach sich gegen neue Gesetze und Verordnungen aus: Wir müssen die bestehenden Regelungen nur konsequent umsetzen.
Gegen sich rasch verbreitende Seuchen wie MKS schützten auch die besten Biosicherheitsmaßnahmen auf dem eigenen Betrieb nichts, gab der Vorsitzende des Kreislandvolkverbandes Osnabrück und Mitglied im DBV-Fachausschuss Rindfleisch, Albert S c h u l t e t o B r i n k e , zu bedenken. Durch Vektoren oder Weide- und Offenstallhaltung gebe es zahlreiche Einschleppmöglichkeiten. Der Milchviehhalter betonte, dass der Weidegang der Tiere aber den allgemeinen Gesundheitszustand verbessere und die Akzeptanz erhöhe. Grundsätzlich gebe es einen Widerspruch zwischen größtmöglicher Sicherheit und Transparenz. Während sich der Verbraucher offene Ställe wünsche, in denen die Produktion besichtigt werden könne, sei aus Gründen der Tiergesundheit eine geschlossene Produktion mancherorts sinnvoll. Ohne Zustimmung in der Bevölkerung können wir aber unsere Tierhaltung nicht beibehalten, betonte Schulte to Brinke.

Quelle: ZDS