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Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes beim Milchvieh durch selektives Trockenstellen

Ende Oktober fand die Abschlussveranstaltung des Verbundprojektes RAST, Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes beim Milchvieh durch Selektives Trockenstellen in Grub statt. Die LfL stellte die Ergebnisse aus den drei Projektjahren vor. Zugleich gab es den Startschuss für das Folgeprojekt RAST-Transfer in die Praxis.

 

Zusammenfassung der Vorträge

Wissenschaftliche Ergebnisse

Werden auf Herdenebene mehrere Kriterien für eine definierte Eutergesundheit erfüllt, kann auf der Grundlage eines geeigneten Entscheidungsbaumes sowie geeigneter diagnostischer Maßnahmen eine Auswahl der Trockenstellbehandlung ohne ein erhöhtes Mastitis-Risikos erfolgen. Vor dem RAST-Projekt stellte sich die Frage, ob eine Einsparung von Antibiotika ohne negative Auswirkungen auf die Eutergesundheit möglich ist. Von den Projektpartnern wurde ein Entscheidungsbaum entwickelt, der mehrere Kriterien zur Auswahl der Trockenstellbehandlung zusammenfasst: Die Zellzahlen der letzten drei Milchleistungsprüfungen vor dem Trockenstellen, die Mastitishistorie in der laufenden Laktation, eine bakteriologische Untersuchung von Viertelanfangsgemelksproben 14 Tage vor dem geplanten Trockenstelltermin sowie einen Schalmtest am Tag des Trockenstellens. Die Verwendung eines internen Zitzenversieglers wurde empfohlen.

Anhand der Ergebnisse der bakteriologisch untersuchten Milchproben (5 Proben pro Kuh und Trockenstellvorgang), den MLP-Daten, sowie dem Auftreten klinischer Mastitiden wurde der Entscheidungsbaum überprüft. Mittels der erhobenen Daten wurde das Einsparpotenzial von Antibiotika erfasst, der Zellzahl- und Milchleistungsverlauf ausgewertet, Neuinfektions- und Heilungsraten berechnet und das Auftreten von klinischen Mastitiden bis 60 DIM ermittelt.

Fazit für die Praxis

Das Selektive Trockenstellen ist im Rahmen eines optimierten und kontrollierten Trockenstellmanagements ohne Beeinträchtigung der Herdeneutergesundheit möglich. Jedoch sollte es betriebsspezifisch und bedarfsorientiert unter Berücksichtigung des Entscheidungsbaumes angewendet werden. Die letztendliche Entscheidung, ob auf ein antibiotisches Präparat verzichtet werden kann, fällt am Tag des Trockenstellens selbst. Im Durchschnitt konnten die Betriebe durch das selektive Trockenstellen ca. 40 Prozent Antibiotika einsparen. Im Einklang mit anderen Studien konnte auch im RAST-Projekt gezeigt werden, dass die Verwendung eines internen Zitzenversieglers zu höheren Heilungsraten, geringeren Neuinfektionsraten sowie einem geringeren Mastitisrisiko in den ersten 60 Tagen der Laktation führt.

Prof. Rolf Mansfeld (Klinik für Wiederkäuer, LMU), Katharina Schmon

Praktische Erkenntnisse

Der Projektphase (5 zu ziehende Milchproben pro Trockenstellvorgang, intensive Betreuung, Übernahme der Laboruntersuchungskosten) schloss sich direkt ab 1.1.2018 die Praxisphase an, in der die Landwirte auf sich allein gestellt waren. Das Selektive Trockenstellen wurde selbständig, auf eigene Kosten und nach Entscheidungsbaum (nur noch eine Probe 14 Tage vor dem Trockenstellen) durchgeführt. Im Frühjahr sowie Sommer 2018 wurden Interviews mit den Projektlandwirten geführt, in denen Fragebögen zum Verfahren des Selektiven Trockenstellens auf den Betrieben, sowie ein Allgemeiner Fragebogen zum Abschluss des Projekts beantwortet wurden. Diese bildeten die Grundlage für die Auswertung der praktischen Erkenntnisse.

Auswertung der Fragebögen

Von den Landwirten im Projekt wurden neben den objektiv messbaren Veränderungen im Antibiotikaverbrauch sowie bei der Eutergesundheit zahlreiche andere Auswirkungen des selektiven Trockenstellens in ihrem Betrieb aufgeführt. Bei den Vorteilen bzw. dem Nutzen wurde vor allem der bessere Überblick über die Erreger auf Herden- und Einzeltierebene durch bakteriologische Untersuchungen genannt. Dadurch sei ein gezielteres und schnelleres Eingreifen bei Mastitiden möglich. Bei den Nachteilen wurde dagegen neben den zusätzlichen Kosten häufig der zusätzliche Aufwand für die Beprobung, die permanente Notwendigkeit sich bei jedem Trockenstellvorgang entscheiden zu müssen, sowie die etwas größere Unsicherheit bzgl. der Entwicklung der Eutergesundheit angeführt. Eine Auswahl weiterer Vor- und Nachteile des Selektiven Trockenstellens aus einer Befragung der Projektbetriebe ist in der folgenden Übersicht aufgelistet.

Übersicht der Vor- und Nachteile

  • Vorteile/Nutzen
    • Einsparung an Antibiotika
    • Besserer Überblick über Erreger auf Herden- und Einzeltierebene durch bakteriologische Untersuchungen ermöglichet schnelleres und gezielteres Eingreifen bei Mastitiden
    • mehr hemmstofffreie Milch (für Kälberfütterung, weniger Kannenmilch)
    • Gutes Gefühl, da man dem Druck der Öffentlichkeit zur Antibiotikareduktion gerecht wird
    • Intensiverer Umgang mit LKV-Daten
  • Nachteile/Aufwand
    • Zusätzlicher Kostenaufwand (Bestandsuntersuchung, bakteriologische Untersuchung, z. B. Anwendung von Zitzenversiegler)
    • Herdenmanagementprogramm oder Alternativen für übersichtliche Dokumentation & Auswertung notwendig
    • Gewissenhaftes Management rund um das Trockenstellen (Dokumentation, Haltung, Fütterung) nötig
    • Intensive Betreuung durch Hoftierarzt nötig
    • Für jedes Tier muss eine Entscheidung getroffen werden

Quelle: LfL Grub